Anders gelagert ist der Fall Imre Nagy, der bis heute im Zwielicht geblieben ist. In der Tat richtete Kádár am 21. November 1956 an Tito einen Brief mit folgendem Inhalt : »Um diese Angelegenheit zu regeln und im Einvernehmen mit dem Vorschlag, den mir die jugoslawische Regierung in einem Brief am 18. November übermittelte, wiederhole ich hier die Versicherung, die ich bereits mehrere Male mündlich gegeben habe, nämlich daß die ungarische Regierung die Bestrafung Imre Nagys und der Mitglieder seiner Gruppe für ihre vergangenen Aktivitäten nicht wünscht. Infolgedessen erwarten wir, daß das durch die jugoslawische Botschaft für diese Gruppe gewährte Asyl aufgehoben wird und die Mitglieder (der Gruppe) in ihre Heime zurückkehren werden.«
Für Kádárs ursprünglich guten Willen in dieser Sache spricht, daß er am 11. November im Rundfunk erklärte : »Ich, der ich selbst ein Mitglied der Regierung Nagys war, kann hiermit mit meinem besten Gewissen bestätigen, daß weder Nagy noch seine politische Gruppe beabsichtigt haben, eine ›Konterrevolution‹ zu unterstützen.
Quelle: Singer, Ladislaus, Der ungarische Weg, Stuttgart 1978, S. 44.