1. Wir fordern den alsbaldigen Abzug aller Sowjettruppen nach den Bestimmungen des Friedensvertrages.

2. Wir fordern die Wahl neuer Führer der Partei der Ungarischen Werktätigen auf der unteren, mittleren und höheren Ebene in geheimer Wahl von unten nach oben. Diese Funktionäre sollen so rasch wie möglich einen Parteikongreß einberufen, um ein neues Zen­tralkomitee zu wählen.

3. Unter Führung der Genossen Imre Nagy muß sich eine neue Regierung konstituieren; alle verbrecherischen Führer der Stalin-Rákosi-Ära müssen unverzüglich von ihren Pflichten entbunden werden.

4. Wir fordern eine öffentliche Untersuchung der verbrecherischen Tätigkeit von Mihály Farkas und seinen Komplizen. Mátyás Rákosi, der die größte Verantwortung für alle Ver­brechen in der jüngsten Vergangenheit wie für den Ruin unseres Landes trägt, soll nach Ungarn zurückgebracht und vor ein Volkstribunal gestellt werden.

5. Wir fordern, daß im ganzen Land allgemeine und geheime Wahlen abgehalten werden, an denen alle politischen Parteien teilnehmen, um eine neue Nationalversammlung zu wählen. Wir fordern, daß das Recht der Arbeiter auf Streik anerkannt wird.

6. Wir fordern die Überprüfung und Neuordnung der ungarisch-sowjetischen und der ungarisch-jugoslawischen Beziehungen auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet auf der Basis völliger politischer und wirtschaftlicher Gleichheit und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des einen durch den anderen.

7. Wir fordern eine völlige Neuorganisation des Wirtschaftslebens von Ungarn unter der Leitung von Fachleuten. Das gesamte auf Planung beruhende Wirtschaftssystem muß im Lichte der in Ungarn herrschenden Bedingungen und der lebenswichtigen Interessen des ungarischen Volkes überprüft werden.

8. Die Vereinbarungen über unseren Außenhandel und der genaue Gesamtbetrag der Reparationen, die niemals bezahlt werden können, müssen veröffentlicht werden. Wir fordern genaue und zutreffende Informationen über die Uranvorkommen in unserem Land, über deren Ausbeutung und über die den Russen auf diesem Gebiet gewährten Konzessionen. Wir fordern für Ungarn das Recht, sein Uran frei zum Weltmarktpreis zu verkaufen, um harte Devisen zu erhalten.

9. Wir fordern eine vollständige Revision der in der Industrie geltenden Normen und eine alsbaldige und radikale Anpassung der Löhne an die berechtigten Bedürfnisse der Arbeiter und Intellektuellen. Wir fordern, daß für Arbeiter ein zum Lebensunterhalt ausreichender Mindestlohn festgesetzt wird.

10. Wir fordern, daß das Verteilungssystem auf einer neuen Basis organisiert wird und die landwirtschaftlichen Produkte rationell genutzt werden. Wir fordern für Einzelbauern Gleichheit in der Behandlung.

11. Wir fordern die Revision aller politischen und Wirtschaftsprozesse durch unabhängige Gerichte sowie die Freilassung und Rehabilitierung der Unschuldigen. Wir fordern die unverzügliche Rückführung der Kriegsgefangenen und Zivildeportierten aus der Sowjetunion, einschließlich der außerhalb Ungarns verurteilten Strafgefangenen.

12. Wir fordern bedingungslose Meinungs- und Redefreiheit sowie die Freiheit für Presse und Rundfunk, dazu die Gründung einer neuen Tageszeitung für die Organisation der MEFESZ.

13. Wir fordern, daß das Stalindenkmal, Symbol der stalinistischen Tyrannei und politischen Unterdrückung, so schnell wie möglich entfernt und durch ein Denkmal zur Erinnerung an die gemarterten Freiheitskämpfer von 1848/49 ersetzt wird.

14. Wir fordern die Ersetzung der dem ungarischen Volk fremden Embleme durch das alte ungarische Kossuth-Wappen. Wir fordern für die ungarischen Armee neue, unseren Traditionen entsprechende Uniformen. Wir fordern, daß der 15. März zum nationalen Feiertag und der 6. Oktober zum Volkstrauertag erklärt werden, an denen die Schulen geschlossen bleiben.

Die Studenten der Technischen Hochschule Budapest erklären einstimmig ihre Solidarität mit den Bestrebungen der Arbeiter und Studenten von Warschau und ganz Polen nach nationaler Unabhängigkeit."

Aus: Gosztony, Peter, Der Ungarische Volksaufstand in Augenzeugenberichten, Düsseldorf 1966, S. 127-129