1956

Oktober

2.10.
Die ungarische Regierung überträgt die Kontrolle über die Gefängnisse vom Innenministerium auf das Justizministerium.
 
4.10.
Imre Nagy stellt einen Antrag auf Wiederaufnahme in die MDP.
 
5.10.
Der Oberste Gerichtshof Ungarns spricht den evangelischen Bischof Lajos Ordass frei, der 1948 unrechtmäßig verurteilt wurde.
 
6.10.
Feierliche Umbettung von László Rajk, György Pálffy, Tibor Szõnyi und András Szalai auf dem Budapester Kerepesi út Friedhof, mit der die 7 Jahre vorher hingerichteten Kommunisten öffentlich rehabilitiert werden. 60.000 Menschen, unter ihnen Imre Nagy, nehmen an dem Begräbnis teil. Die Atmosphäre ist gespannt.
Nach dem Begräbnis kommt es am Stalin-Denkmal, vor der jugoslawischen Botschaft und vor dem Hauptsitz des ungarischen Staatssicherheitsdienstes ÁVH zu Demonstrationen von Studenten. Die Teilnehmer rufen Slogans gegen den Stalinismus, gegen die Praktiken des Geheimdienstes und bekunden ihre Sympathie für Jugoslawien.
 
Treffen zwischen Gerö, Kadar, Mikojan und Suslow in Moskau
 
12.10.
Der ehemalige ungarische Verteidigungsminister Mihály Farkas wird verhaftet. Neben Rákosi war er maßgeblich an den Verstößen gegen die Gesetzlichkeit und an der Verurteilung Unschuldiger beteiligt.
 
Der Petöfi-Kreis diskutiert ein weiteres Mal über das Thema Erziehung, die technische Entwicklung und die Probleme der jungen technischen Intelligenz.
 
13.10.
Das Zentralkomitee der MDP beschließt, dass Imre Nagy ohne Vorbedingungen erneut in die Partei aufgenommen wird.
 
15.10.
Eine ungarische Partei- und Regierungsdelegation mit Ernö Gerö, Antal Apró, András Hegedüs, János Kádár und István Kovács reist zu einem einwöchigen Besuch nach Belgrad.
 
16.10.
Treffen von über 1600 Studenten in Szeged, bei dem ein von der Jugendorganisation der Partei DISZ (Verband der Werktätigen Jugend) unabhängiger Studentenverband MEFESZ (Einheitsverband der Ungarischen Universitäts- und Hochschulstudenten) gegründet wird.
 
19.10.
In Polen spitzen sich die Konflikte zwischen verschiedenen Strömungen in der Führung der PVAP zu. Zum 8. Plenum des ZK der PVAP reist eine hochrangige sowjetische Delegation mit Chruschtschow, Kaganowitsch, Mikojan, Molotow, Verteidigungsminister Schukow sowie dem Chef der Truppen des Warschauer Vertrages Konjew und weiteren hohen Generälen an. Als Drohkulisse finden umfangreiche Manöver der in Polen stationierten sowjetischen Truppen statt.
 
In Ungarn kommt es im ganzen Land kommt es an den größeren Universitäten zu Studentenversammlungen. Die Teilnehmer fordern eine Reform der Ausbildung, stellen aber auch erste politische Forderungen.
Die in Ungarn stationierten sowjetischen Truppen werden in Alarmbereitschaft versetzt.
 
20.10.
In Warschau wird eine Übereinkunft hinsichtlich der Reformpolitik der PVAP gefunden. Die sowjetischen Vertreter reisen aus Polen ab. In nahezu allen größeren polnischen Städten finden Versammlungen und Demonstrationen statt, auf denen weitere demokratische Reformen und gleichberechtigte Beziehungen zur Sowjetunion gefordert werden.
 
21.10.
Władysław Gomułka wird zum Ersten Sekretär der PVAP gewählt und wendet sich wenige Tage später auf einer Kundgebung in Warschau an das polnische Volk.
 
22.10.
Die Studenten der Budapester Technischen Universität verabschieden in der Nacht vom 22. zum 23. Oktober eine 14-Punkte-Resolution, in der sie u.a. den Abzug der Sowjetischen Truppen, Neuwahlen und eine neue Regierunge unter Imre Nagy fordern. Für den nächsten Tag kündigen sie eine Solidaritätskundgebung für Polen an.
 

14-Punkte Resolution der Studenten der Budapester Technischen Hochschule vom 22./23.10.1956
 
Die ungarische Armeeführung beruft die Regimentskommandeure und ihre politischen Stellvertreter für den 24.10. zu einem Treffen im Verteidigungsministerium ein.

 

23.10.

Die zurückgebliebenen Stiefel des Stalin-Denkmals nach dessen Sturz am 23. Oktober 1956. Foto: PESTI SRÁC2, CC-BY-SA-3.0.
 

200 000 Studenten demonstrieren in Budapest und erklären öffentlich ihre Solidarität mit Polen. Dem friedlichen Protestmarsch bis vor das Parlamentsgebäude schließen sich immer mehr Bürger an. Die Demonstranten rufen nach Imre Nagy. Als Sicherheitskräfte das Feuer auf die Menge eröffnen, eskaliert die Situation. Die Führung der MDP verliert zunehmend die Kontrolle über das Land
Durch den ungarischen Innenminister werden am Mittag weitere Kundgebungen und Demonstrationen bis auf weiteres untersagt. Daraufhin kommt es zu Protesten von Seiten der Studenten, des Schriftstellerverbandes, des Petőfi-Kreises und der Redaktion des Szabad Nép.

Entschliessung des Petöfi-Klubs zur Lage in Ungarn, 23.10.1956
 
Das Demonstrationsverbot wird gegen 14 Uhr aufgehoben. Der Budapester Rundfunk gibt die Aufhebung bekannt.
Dem friedlichen Protestmarsch der Studenten der Universität schließen sich auch Studenten und Lehrkräfte der Petőfi-Militärakademie, des Polytechnikums, der Landwirtschaftlichen Hochschule und der Hochschule für Sport an. Der Demonstrationszug begibt sich am Denkmal des polnischen Generals und Freiheitskämpfers Josef Bem in Buda zu versammeln.
Der Autor Peter Veres verliest die politischen Forderungen des Schriftstellerverbandes und verlangt eine schonungslose Offenlegung der Krisensituation des Landes.

Árpád Göncz berichtet von den ersten Aktionen an den Budapester Universitäten und vom Marsch zum Denkmal des polnischen Generals Józef Bem. (Interview für die arte-Dokumentation “Abrechnung mit Stalin“) © astfilm productions 2006 | www.astfilm.de
 

Forderungen des Ungarischen Schriftstellerverbandes, 23.10.1956

 

Leitartikel der Zeitung „Szabad Nép“, 23. Oktober 1956

 

Am Nachmittag versammeln sich immer mehr Bürger vor dem Parlamentsgebäude. Die Demonstranten verlangen Imre Nagy. Er verspricht der versammelten Menge, die Forderungen der Bevölkerung in der Partei zu diskutieren und ruft zu Ruhe und Ordnung auf.

 
Nagy spricht vor dem Parlament, 23.10.1956

Zur gleichen Zeit sendet der Rundfunk eine angekündigte Rede von Ernő Gerő.

Rundfunkrede des Generalsekretärs der Ungarischen Arbeiterpartei, Ernő Gerő, 23.10. 1956

Die vor dem Rundfunkgebäude versammelte Menge will die Sendung dieser Rede verhindern und verlangt stattdessen die Verlesung der 14-Punkte-Forderung der Studenten. Ernő Gerő befindet sich aber zu diesem Zeitpunkt in der Parteizentrale.

Rundfunkbericht zu den Studenten-Demonstrationen

 

Das von Passanten umringte, am Boden liegende Stalin-Denkmal nach seiner Demontage durch Demonstranten am 23. Oktober 1956. Foto: Róbert Hofbauer, Creative Commons CC-BY-SA-3.0.

 

 

In der Innenstadt von Budapest kommt es zu weiteren Demonstrationen. Das monumentale Stalin-Denkmal am Paradeplatz wird von Demonstranten mit Hilfe von Lastwagen und Schweißgeräten vom Sockel geholt. Die am Boden liegende Stalin-Figur wird zu einem Symbol für den Freiheitswillen des ungarischen Volkes.

Der zum Zeitpunkt des Aufstandes acht Jahre alte Zoltán Borsanyi berichtet vom Sturz des Stalin-Denkmals. (Interview für die arte-Dokumentation “Abrechnung mit Stalin“) © astfilm productions 2006 | www.astfilm.de

 

 

Als gegen 22.30 Uhr Sicherheitsleute am Rundfunkgebäude in der Bródy Sándor utca Schüsse abgeben, gibt es innerhalb von kürzester Zeit zahlreiche Tote und Verletzte. Daraufhin belagern bewaffnete Demonstranten das Gebäude, welche ab Mitternacht Verstärkung von Arbeitern aus den Fabriken bekommen. Die Soldaten der zur Niederschlagung der Proteste herangezogenen ungarischen Militäreinheiten missachten die Befehle ihrer Kommandeure und solidarisieren sich mit den Demonstrierenden, denen es gelingt Waffen und Munition in Polizeistationen und Kasernen zu erbeuten.
 
Bericht eines AVH-Offizieres vor dem Rundfunkgebäude, 23.10.1956

Das verwüstete Gebäude des Ungarischen Rundfunks in Budapest mit Einschusslöchern während der Revolution 1956. Foto: Gyula Nagy, CC-BY-SA-3.0.
 

In einer Nachtsitzung des Zentralkomitees der MDP informiert Ernő Gerő die Anwesenden darüber, dass sowjetische Hilfe angefordert wurde. Gleichzeitig kommt es zu umfangreichen personellen Veränderungen an der Parteispitze: auf Vorschlag von Parteichef Gerő wird Imre Nagy erneut in das Zentralkomitee und in den Politischen Ausschuss aufgenommen. Einstimmig wird er für den Posten des Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Nagy nimmt das Amt an und der Präsidialrat der Volksrepublik Ungarn bestätigt umgehend seine Ernennung. In den Politischen Ausschuss der Partei werden weitere Vertreter der Parteiopposition aufgenommen. Insgesamt dominieren jedoch die Vertreter der alten Führung die Parteigremien.
 
Ein Aufruf des Zentralkomitees vom selben Abend bezeichnet den Volksaufstand als „Konterrevolution“ und die Revolutionäre als „Banditen“. Zur Koordinierung der militärischen Maßnahmen zur Niederschlagung der Unruhen wird ein Ausschuss unter dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Antal Apró gebildet.

24.10.
In den frühen Morgenstunden erreichen die ersten sowjetischen Truppen Budapest. Ab 4.00 Uhr besetzen sie strategisch wichtige Punkte in der ungarischen Hauptstadt, stoßen jedoch auf den Widerstand der Bevölkerung.

Der Regierungssender berichtet über die Ankunft der drei Divisionen der Sowjetarmee, 24.10.1956
 
Radioansprache, Radio Kossuth, Budapest, 24.10.56
 
Über das gesamte Land wird ein Versammlungsverbot verhängt. Die Beschlüsse der Parteiführung vom Vorabend werden im Rundfunk bekannt gegeben.
 
Rundfunkmeldung über die Ernennung von Imre Nagy zum Ministerpräsidenten, 23.10. 1956

Zwei sowjetische Panzer auf der Budapester Margaretenbrücke (1956). Foto: Zsolt Házy, CC-BY-SA-3.0.

In Budapest stellen die Betriebe ihre Produktion ein, der Verkehr ruht und der Unterricht in den Schulen wird abgesetzt.
Auch in weiteren großen Städten marschieren sowjetische Einheiten ein. In der Parteispitze kommt es zu Auseinandersetzungen um das offizielle Hilfsersuchen an die sowjetische Seite. Ein entsprechendes Dokument wird erst am 27.10 von Andras Hegedűs unterzeichnet, nachdem sich Nagy geweigert hatte den Brief zu unterschreiben.
Überall in Ungarn kommt es zu massiven Protest- und Widerstandsaktionen. Spontan bilden sich Arbeiterräte und Revolutionskomitees. Die neuen Machtorgane lösen die stalinistischen Kader in den Betrieben und Verwaltungen ab und beginnen mit dem Aufbau einer Nationalgarde. Zu den zentralen Forderungen der Aufständischen zählen der Abzug der sowjetischen Truppen, die Wiederherstellung der Souveränität Ungarns, die Einführung eines Mehrparteiensystems sowie die Durchführung freier und geheimer Wahlen.
Am Mittag richtet sich Ministerpräsident Imre Nagy in einer Rundfunkansprache an die Bevölkerung Budapests, in der er die Bevölkerung auffordert die Waffen niederzulegen.
 
Aufruf von Imre Nagy an die ungarische Bevölkerung zur Einstellung der Kämpfe, 24.10. 1956 über den Rundfunk gesendet
 
Die Kämpfe werden trotz der Ansprache Nagys fortgesetzt. Aus der innenpolitischen Auseinandersetzung zwischen Volk und Regierung wird ein Kampf zwischen dem ungarischen Volk und den sowjetischen Besatzern.
 
Bericht zu den Vorkommnissen am Rundfunkgebäude, 24.10.1956
 
Noch am selben Tag trifft ohne vorherige Rücksprache mit der ungarischen Parteiführung eine sowjetische Delegation mit A.I. Mikojan, M.A. Suslow und dem KGB-Chef I.A. Serow in Budapest ein. Sie soll die ungarische Führung bei der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung „unterstützen“.
In einer Rundfunkansprache um 20.45 Uhr verurteilt János Kádár, Mitglied des ZK-Sekretariats, die Unruhen als einen Angriff „konterrevolutionärer, reaktionärer Elemente“.

Der Fotograf Erich Lessing erzählt von seiner Reise nach Budapest am 24. Oktober 1956. (Interview für die arte-Dokumentation “Abrechnung mit Stalin“) © astfilm productions 2006 | www.astfilm.de

 

 

25. 10.
Die sowjetischen Spitzenfunktionäre nehmen in den nächsten Tagen an allen Beratungen der ungarischen Führung teil. Die Beauftragung von Imre Nagy mit der Regierungsbildung müssen sie notgedrungen akzeptieren, da er sich als einziger Politiker auf das Vertrauen breiterer Bevölkerungskreise stützen konnte. Demgegenüber wird Parteichef Gerő von der sowjetischen Seite scharf kritisiert. Im Namen des Präsidiums des ZK der KPdSU empfiehlt Mikojan seine Ablösung. Seinen Platz als Erster Sekretär des ZK nimmt János Kádár ein.
Ein anonymer Augenzeuge berichtet

 

Demonstrationszug in Budapest am 25. Oktober 1956. Foto: PESTI SRÁC, CC-BY-SA-3.0.

 

Gegen 10 Uhr vormittags gelangt der Demonstrationszug von mehreren tausend unbewaffneten Personen zum Parlamentsgebäude am Kossuth-Lajos-Platz. Berichte, dass sowjetische Panzersoldaten sich mit den Demonstranten verbrüdern machen die Runde. Die Menge schwenkt die ungarische Nationalfahne und ruft nach Imre Nagy.

Daraufhin eröffnen Staatssicherheitsleute von den Dachgeschossen der umliegenden Häuser das Feuer auf die Demonstranten. Es gibt zahlreiche Tote und Verletzte. Daraufhin richtet sich der Hass der Aufständischen besonders gegen die ÁVH. In den nächsten Tagen kommt es wiederholt zu Vergeltungsaktionen und Lynchjustiz.

Zoltán Borsanyi berichtet von den Schüssen auf Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude am 25. Oktober 1956. (Interview für die arte-Dokumentation “Abrechnung mit Stalin“) © astfilm productions 2006 | www.astfilm.de

Die Unruhen breiten sich über das gesamte Land aus. Die Aufständischen fordern den Abzug der sowjetischen Truppen und die Souveränität Ungarns.
Als Ministerpräsident Nagy kündigt am Abend an, dass die ungarische Regierung Verhandlungen über die ungarisch-sowjetischen Beziehungen und den Abzug der sowjetischen Truppen beginnen wird. Diese Ankündigung stößt auf den energischen Protest des sowjetischen Delegationsleiters Mikojan. Kádár verspricht in einer Rundfunkrede, dass nach der Wiederherstellung der Ordnung zwischen Ungarn und der Sowjetunion „Gespräche im Geiste der völligen Gleichberechtigung“ stattfinden werden. Die Regierungsumbildung mit Imre Nagy als Ministerpräsident und den Veränderungen an der Parteispitze werden von den Aufständischen als Sieg gefeiert.
 
Im Zentralorgan der SED „Neues Deutschland“ werden die Vorgänge in Ungarn als "Putsch konterrevolutionärer Elemente“ bezeichnet.
 
26.10.
In ihren Berichten an das Präsidium der KPdSU befürworten Mikojan und Suslow ein politisches Vorgehen, bei dem die Gewinnung der „Arbeitermassen“ Vorrang vor einer gewaltsamen militärischen Lösung haben solle. In einer Deklaration des ZK der MDP, an deren Formulierung sich die sowjetischen Vertreter direkt beteiligten, werden jedoch noch harte Töne angeschlagen: Die bewaffneten Kämpfe seien zu beenden und die öffentliche Ordnung müsse wiederhergestellt werden, sonst werde rücksichtslos gegen die Aufständischen vorgegangen. Erst danach könnten die Reformen fortgeführt werden. Das Dokument stellt die Bildung einer Regierung „auf breitester nationaler Grundlage“ unter Imre Nagy und die Rückkehr der sowjetischen Truppen in ihre Stützpunkte in Aussicht.
In Betrieben und Fabriken überall im Land entstehen Arbeiter-, Revolutions- und Nationalräte.
Um 16.13 Uhr wird ein Manifest der Partei der Ungarischen Werktätigen im Radio verlesen
 
Manifest der Ungarischen Arbeiterpartei vom 26.10.1959
 
Erneut wird im ungarischen Rundfunk allen Aufständischen, die bis 22.00 Uhr ihre Waffen niederlegen, eine Amnestie in Aussicht gestellt.

27.10.
Lagebericht des Budapester Regierungssenders, 27.10.1956
 
In einer Sitzung des Politischen Ausschusses des MDP wird im Beisein der sowjetischen Vertreter die Umbildung der ungarischen Regierung beschlossen. Über die Besetzung der Posten kommt es zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den Parteiflügeln. Trotz des Widerstands der alten Parteikader öffnet sich die neue Regierung gegenüber der demokratischen Opposition. Über die Inhalte des Regierungsprogramms entbrennen erneut heftige Auseinandersetzungen zwischen den Stalinisten und der Parteiopposition.
 
Um 11.18 Uhr wird im Radio die neue Zusammensetzung der Regierung der Ungarischen Volksrepublik vorgestellt.
 
28.10.
Vereidigung der neuen Regierung unter Imre Nagy durch den Präsidenten des Präsidialrats der Ungarischen Volksrepublik
Über den Rundfunk ordnet Nagy eine allgemeine Waffenruhe an
 

Anordnung von Imre Nagy über eine allgemeine Waffenruhe, 28.10. 1956
 
Leitartikel der Zeitung „Szábad Nép", 28.10.1956

29.10.
"Es dämmert..." Leitartikel der Zeitung "Szábad Nép", 29.10.1956
 
30.10.
Das Präsidium der MDP beschließt die Wiederherstellung des Mehrparteiensystems. Die an der Regierungskoalition beteiligten Parteien werden offiziell zugelassen.
Die sowjetischen Truppen beginnen sich zurückzuziehen. Die sowjetische Seite signalisiert, dass sie bereit ist, über einen generellen Abzug ihrer Truppen aus Ungarn zu verhandeln.
Zahlreiche Angehörige des ungarischen Staatssicherheitsdienstes, versuchen sich aus Angst vor weiteren Übergriffen vonseiten der Bevölkerung in Sicherheit zu bringen.
Am KP-Gebäude am Köztársaság-Platz finden erneut Schießereien zwischen ÁVH-Leuten und den Aufständischen statt. Nach der Stürmung des Gebäudes kommt es zu Fällen von Lynchjustiz.
Die Sowjetregierung gibt eine Erklärung über die Beziehung zu den anderen sozialistischen Staaten ab.
 
Um 14.30 Uhr gibt Imre Nagy im Rundfunk die erneute Umbildung der Regierung bekannt.
 
Bekanntgabe der Zusammensetzung der neuen Regierung durch Imre Nagy im Rundfunk, 30.10. 1956

 

Erich Lessing fuhr am 30. Oktober 1956 in Richtung Grenze, um sich vom Abzug der sowjetischen Truppen zu überzeugen. (Interview für die arte-Dokumentation “Abrechnung mit Stalin“) © astfilm productions 2006 | www.astfilm.de

 

 

31.10.
Die politisch gelähmte MDP wird auf Beschluss des Parteipräsidiums aufgelöst. Es kommt zur Neugründung der MSZMP (Magyar Szocialista Munkáspárt), in deren Exekutivkomitee neben Imre Nagy, György Lukács, Ferenc Donáth, Géza Losonczy, Sándor Kopácsi, János Kádár vertreten sind.
Der zu lebenslanger Haft verurteilte Kardinal József Mindszenty wird freigelassen.
 
Am Nachmittag gibt Imre Nagy bekannt, dass Verhandlungen über den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt eingeleitet worden sein.
Der RIAS und Radio Wien strahlen ein Interview mit Imre Nagy aus.
 
Interview des RIAS Berlin und des Österreichischen Rundfunks mit Imre Nagy, 31.10. 1956
 
Ein polnischer Journalist unterhält sich mit dem neuen Bildungsminister der Nagy-Regierung Georg Lukács.
 
Bericht eines polnischen Journalisten über ein Gespräch mit Georg Lukács, 31.10. 1956
 
Imre Nagy hält am späten Nachmittag eine spontane Rede vor dem Parlamentsgebäude. Dort haben sich erneut viele Menschen versammelt, nachdem Gerüchte kursierten, dass in Ostungarn wieder sowjetische Truppen einmarschiert wären.
 
Ansprache von Imre Nagy an das ungarische Volk, 31.10. 1956
 
Die sowjetische Delegation tritt am späten Abend die Rückreise nach Moskau an.

Ein T-54-Kampfpanzer während des vorübergehenden sowjetischen Rückzugs am 31. Oktober 1956. Foto: PESTI SRÁC2, CC-BY-SA-3.0.